03.03.2016

Au Pair Gastfamilie werden? Tipps und Erfahrungen von Gasteltern.

Für ein Jahr als Au Pair ins Ausland gehen – ein spannender Weg, ein anderes Land kennenzulernen! Doch nicht nur auf das Au Pair kommt viel Neues zu. Auch die Au Pair Gastfamilie muss sich auf eine ungewohnte Situation einstellen. Kerstins Au Pair Milena ist mittlerweile 24 Jahre alt und kommt aus Armenien. Hier ihre Erfahrungen als Au Pair Gastfamilie:

Warum habt Ihr Euch für ein Au Pair entschieden?

Mein Mann hat sich beruflich verändert und ist dadurch unter der Woche nicht in München. Milena unterstützt mich im Haushalt und mit den Kindern. Sie bereitet u.a. das Frühstück vor und macht die Kinder morgens fertig, so dass ich in Ruhe ins Bad gehen kann.

Wie findet Gasteltern ein Au Pair?

Da gibt es verschiedene Möglichkeiten: Zum einen gibt es Agenturen, die sich auf die Vermittlung von Au Pairs spezialisiert haben (z.B. die Agentur Maria Theresia). Sie vermitteln sowohl „incoming“ als auch „outgoing“ Au Pairs. Man erhält von der Agentur per E-Mail Vorschläge. Wenn es zu einer Vermittlung kommt, kümmert sich die Agentur um alles Weitere (z.B. das Visum). Dafür zahlt man dann eine Bearbeitungs- sowie Vermittlungsgebühr.

Zum anderen gibt es Internetportale, wie z.B. AuPairWorld. Das ist ein mehrsprachiges Portal, bei dem sich sowohl Au Pairs als auch Gasteltern anmelden und ein Profil erstellen können. Für beide Seiten ist eine weltweite Suche möglich. Dabei kann man bestimmte Suchkriterien setzen, z.B. dass das Au Pair nicht rauchen und/oder einen Führerschein haben soll. Eine Premiummitgliedschaft ist mit monatlichen Kosten verbunden (derzeit 39,90 Euro), weitere Gebühren fallen soweit ich weiß nicht an. Im Portal sind auch Standardverträge hinterlegt, um eventuelle Sondervereinbarungen muss man sich selbst kümmern.

Beim ersten Mal ist es sicher einfacher, das Au Pair über eine Agentur zu buchen, da diese sich um alles Organisatorische (Einladungsschreiben, Beantragung des Visums, Arbeitserlaubnis) kümmert. Insbesondere wenn das Au Pair aus einem nicht-europäischen Land kommt.

Wie läuft der „Vorstellungsprozess“ ab?

Man wählt zunächst einige Kandidaten nach einem Personenprofil und Bewerbungsanschreiben aus und tritt dann in direkten E-Mail-Kontakt. Bei vielen Bewerbern gibt es auch die Möglichkeit, ein Skype-Interview zu führen. Wenn man das Gefühl hat, dass die Chemie stimmt und die Aufgaben geklärt sind, entscheidet man sich.

Was hat den Ausschlag für Milena gegeben?

Wir waren bei dem ganzen Auswahlprozess ziemlich unter Zeitdruck. Milena war uns sympathisch und sie war im Interview sehr authentisch. Außerdem war sie mit 23 Jahren nicht mehr ganz so jung, was uns für den Umgang mit den Kindern wichtig war.

Es ist sicher nicht einfach, seine Kinder in die Hände einer Fremden zu geben. Wie geht man emotional damit um?

Ja, das ist es. Am Anfang macht man alles mit dem Au Pair gemeinsam, stellt sie den Nachbarn vor und macht sie mit der Umgebung bekannt. Nach einer Eingewöhnungsphase von ca. zwei Wochen, muss man dann loslassen. Voraussetzung ist natürlich, dass das notwendige Vertrauen hergestellt ist. Sicher ist es auch Typsache, wie schnell man loslassen und seine Kinder „abgeben“ kann.

Auch für das Au Pair ist es anfangs nicht leicht in einer völlig fremden Umgebung. Wie können Au Pair Gasteltern helfen?

Stimmt. Für viele Au Pairs ist es eine Art Kulturschock, wenn sie nach Deutschland kommen. Gerade für Au Pairs aus osteuropäischen oder exotischen Ländern. Das Leben und der Alltag sind hier ganz anders. Wir haben Milena in die Familie integriert und versucht, ihr z.B. deutsche Essgewohnheiten und andere Bräuche nahe zu bringen. Auch bei der Auswahl von Freizeitaktivitäten haben wir sie unterstützt. In München gibt es auch eine armenische Community. Das birgt natürlich die Gefahr, dass das Au Pair sich hier weniger schnell integriert. Außerdem haben wir einen Sprachkurs an der Volkshochschule für sie organisiert. Dort hat Milena andere Au Pairs kennengelernt. Hier bei uns in München leben sehr viele Au Pairs, es gibt Au Pair Facebook-Gruppen, dort können Au Pairs sich austauschen oder vernetzen. Alle 2-3 Monate veranstaltet auch die vermittelnde Agentur ein Treffen.

Ein Au Pair wird Teil der Familie. Wie ist das für das Familienleben?

Man muss ich bewusst sein, dass das Au Pair am Familienleben teilnimmt und alles mitbekommt, was passiert. Die Privatsphäre ist daher eingeschränkt – darauf muss man sich voll einlassen können. Das war nicht immer einfach. Aber es gibt ja auch Urlaube. Da ist man dann wieder unter sich. Wobei es auch Familien gibt, die ihre Au Pairs in den Urlaub mitnehmen. In so einem Fall muss vorher abgesprochen werden, wie viel das Au Pair dort arbeitet und wie viel Freizeit es hat.

Hat es Startschwierigkeiten gegeben? Wenn ja, welche?

Ja. Milena ist es anfangs schwer gefallen, sich an unsere Gewohnheiten und unseren Tagesablauf anzupassen. Sie war oft unpünktlich und hat ihre Aufgaben teils nicht zuverlässig erfüllt. Dadurch konnte auch unser Tag nicht reibungslos ablaufen. Dazu kam Heimweh.

Wie haben die Kinder auf das neue „Familienmitglied“ reagiert?

Die Kinder haben sehr gut auf Milena reagiert und mochten sie von Anfang an. Trotzdem gab es Dinge, die sie nur von mir machen lassen wollten. Anziehen zum Beispiel. Das ist dann natürlich kein leichter Stand für das Au Pair. Es muss sich mit Einfühlungsvermögen durchsetzen. Das ist Milena anfangs nicht leicht gefallen.

Welche Pflichten hat man gegenüber dem Au Pair (Urlaub, Sprachkurse, Unterbringung)?

Die Pflichten, die man gegenüber dem Au Pair hat bzw. dessen Teil des Vertrags sind genau geregelt. Dazu gehören:

  • Zwei Tage Urlaub pro Monat
  • ein Kostenzuschuss zum Sprachkurs von 50 Euro/Monat, wenn das Au Pair nicht aus einem europäischen Land kommt
  • Taschengeld von 260 Euro im Monat
  • Kost + Logis ( ein eigenes Zimmer, das nicht kleiner als 9 qm sein darf, abschließbar und beheizbar sein muss)
  • Die Fahrtkarte zum Sprachkurs
  • eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden
  • mindestens drei freie Abende pro Woche sowie ein freies Wochenende im Monat

Das Au Pair – im Gegenzug – muss seine vereinbarten Aufgaben erfüllen und wird zum Teil der Familie.

Musstet Ihr für Milena Versicherungen abschließen?

Die Gastfamilie schließt die Versicherung für das Au pair ab. Sobald der Tag der Einreise feststeht, kann das gemacht werden. Falls der Einreisetag sich noch einmal verschiebt (je nachdem wann das Visum genehmigt wird), kann man diese Änderung nachträglich bei der Versicherung melden. Wir haben für Milena eine Au Pair-Versicherung (bestehend aus Kranken-, Haftpflicht- und Unfallversicherung) abgeschlossen.

Welche Möglichkeiten hätte es gegeben, wenn es menschlich nicht gepasst hätte?

Wenn es menschlich nicht passt oder das Au Pair nur schwer Zugang zu den Kindern findet, kann man den Vertrag jederzeit mit 14 Tagen Vorlauf kündigen. Das gilt natürlich auch für das Au Pair, wenn es in der Gastfamilie nicht glücklich ist.

Es gibt mittlerweile viele männliche Au Pairs. Wäre das für Euch eine Option gewesen?

Als wir Milena ausgewählt haben, war ich mir gar nicht im Klaren darüber, dass es so viele Jungs gibt, die das machen wollen. Aber selbst jetzt kann ich es mir ehrlich gesagt nur schwer vorstellen.

Ist es möglich, das Au Pair länger als ein Jahr zu „behalten“ bzw. den Vertrag zu verlängern?

Nein, ein Au pair Vertrag ist maximal für ein Jahr möglich. Eine Verlängerung des Vertrags ist nicht möglich, das müsste man auf einer anderen Basis machen.

Milena wird Euch in Kürze verlassen. Was macht sie?

Milena wird eine Ausbildung zur Hotelkauffrau in einem Hotel am Chiemsee beginnen.

Werdet Ihr Euch wieder für ein Au Pair entscheiden?

Im Moment nicht, aber das kann sich wieder ändern.


Vielen Dank Kerstin für deine Erfahrungen!


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