21.09.2017

Mit den Kids nach China

Eine Einladung zu einer Hochzeit in China. Klingt toll. Doch sie stellte Daniela Piroth-Bonn auch vor eine Herausforderung. China stand als Kulturreiseland zwar weit oben auf ihrer persönlichen Reise-Wunschliste – als Sommerferiendestination mit drei kleinen Kindern jedoch weit unten. Aber: Man soll die Feste ja bekanntlich feiern, wie sie fallen. Deshalb ging es für die fünfköpfige Familie für eine Woche ab nach China. Hier berichtet Daniela von ihren Erlebnissen:

Schon bei der Reiseplanung ernüchterte mich meine gute Freundin und Asien-Expertin Sonja. Die Hoffnung beispielsweise auf eine unkomplizierte Taxifahrt zu fünft ins Hotel redete sie uns gleich aus. Sie sollte Recht behalten – spätestens außerhalb von Peking und Shanghai gestalteten die Sprachbarrieren jegliche Unternehmung schwierig. Glücklicherweise vermittelte uns Sonja einen Deutsch-Studenten namens Yang, der uns bereits in Peking am Flughafen empfing. Ohne seine Unterstützung und Organisation wäre unser straffes Programm „Peking-Verbotene Stadt-Chinesische Mauer“ in zwei Tagen mit einjährigem Baby sicher nicht machbar gewesen. Außerdem lernten wir dabei viel über Ausbildung, Arbeitssituation und Perspektiven für junge Menschen in China. In Chengdu waren wir dann ganz auf uns alleine gestellt – und kämpften in den restlichen fünf Tagen vor allem mit diesen Hürden: Sprache, Essen, Smog & Lärm, Feierverhalten und nicht zuletzt dem überaus aufdringlichen Fotografier-Verhalten der Chinesen.

China mit Kindern
Familie Piroth in China

隔膜 [隔膜] Ich verstehe nichts!

Ich habe Fremdsprachen und Ethnologie studiert, ein ganz gutes Sprachgefühl und bin bislang in jedem Land der Erde gut – zur Not mit Händen, Füßen, Translator-App etc. – zurechtgekommen. Dass ich mal komplett an meine kommunikativen Grenzen stoße, hätte ich nie gedacht. Aber am Flughafen in der Millionenstadt Chengdu fand ich noch nicht mal den Weg zur Toilette, zum Ausgang oder zum Taxi. Nur mit einer auf Chinesisch ausgedruckten Adresse gelangten wir zum Hotel einer großen internationalen Kette. Selbst bei McDonalds kämpften wir mit der fremden Sprache. Ich dachte immer, wenn man am McDonalds Counter einen BigMac bestellt, bekommt man diesen auch – und das weltweit. Doch falsch gedacht: Nicht in China! Hier rettete uns glücklicherweise die freundliche Assistentin einer jungen, englischsprechenden Chinesin. Auch der geplante Schwimmbad-Besuch, für den man sich in einer Liste mit chinesischen Schriftzeichen eintragen musste, scheiterte an der Sprachbarriere.

Flughafen in China
Flughafen in China

Verbotene Stadt – „verbotene“ Berührungen

Trotz 38 Grad und mit Baby in der Trage machten wir uns in der Verbotenen Stadt einen halben Tag lang auf die Suche nach dem abgeschnittenen Zopf des Kaisers. Vielfach abgelenkt wurden wir jedoch von dem nahezu aggressiven Fotografier-Verhalten der zahlreichen chinesischen Touristen. Unsere Kinder wurden ständig umlagert, ungefragt umarmt und sogar schlafend aus dem Buggy gezerrt, nur um schnell ein Foto mit einem kleinen hellhäutigen Mädchen zu machen. Dass dies eine „Attraktion“ ist, kann ich mittlerweile nachvollziehen. Wir sahen während unseres ganzen China-Aufenthalts auch bei bekannten Sehenswürdigkeiten kein einziges westliches Kind. Nach der Reise erfuhr ich außerdem, dass es in China anscheinend Glück bringt, ein blondes Kind zu berühren.

JA! auf Chinesisch

Genauso chaotisch und ungewohnt ging es auf der Hochzeit des deutschen Bräutigams mit der chinesischen Braut weiter. Als offizielles Blumenkind bestellt, musste unsere sechsjährige Tochter bereits zwei Stunden vor uns parat stehen um … genau: Mit der Braut Fotos zu machen! Hoch imposant, hoch professionell mit mehreren Kamerateams, Moderator mit Mikrofon auf höchster Lautstärke, Einzug über den meterlangen Laufsteg, tonnenweise Kunstblumendeko und drei verschiedenen Brautkleidern wurde dann kurz, aber heftig, gefeiert! Um 14.00 Uhr ging es los – um 16.00 Uhr war die ganze Sause rum. So konnten wir endlich etwas essen. Von dem Running Buffet mit superscharfen Sichuan-Spezialitäten gab es für uns beim Hochzeitsessen nämlich nur Brokkoli mit Brokkoli mit Brokkoli.

Hochzeit in China

Und hoch das Bein! Unterwegs auf der Chinesischen Mauer

Für all die Anstrengungen wurden wir dann von Chinas Top-Attraktion belohnt: Tief beeindruckt hat uns auf jeden Fall die 21.196,18 Kilometer lange Chinesische Mauer, die unter der Ming Dynastie erbaut wurde. Unglaublich, wie so etwas mit menschlicher Kraft entstehen konnte. Bei den Dimensionen der sich bis ins Unendliche ausbreitenden Mauer inmitten der Natur wird man als Mensch auf einmal ganz klein. Als Familienreiseziel ist die Chinesische Mauer auch top. Stundenlang kletterten wir über den sechs Kilometer langen Abschnitt zwischen zwei Wachtürmen hoch-runter, hoch-runter, rein in den Turm und raus aus dem Turm. Sport, Spaß und Kultur par excellence! Alleine der Besuch der Chinesischen Mauer war die Reise mit all ihren Strapazen schon wert!

Dennoch … sehnten wir uns so sehr nach grünen Wiesen, schneebedeckten Bergen, tiefblauen Seen, Ruhe und klarer Luft, dass wir die Stunden zählten, bis es endlich wieder nach Hause ging.


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